Steuerlast erdrückt: Warum arbeiten Deutsche die Hälfte des Jahres umsonst?

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Wenn Sie jeden Monat auf Ihren Lohnzettel schauen, fragen Sie sich vermutlich, wo eigentlich Ihr sauer verdientes Geld bleibt. Die Antwort? Ernüchternd, ehrlich gesagt: Von jedem Euro behalten deutsche Arbeitnehmer im Schnitt nur rund 47 Cent. Mehr als die Hälfte geht für Steuern und Abgaben drauf.

Rein rechnerisch schuften Sie also bis Mitte Juli nur für den Staat. Erst danach landet das erste Geld wirklich in Ihrer eigenen Tasche.

Ein gestresster Mann sitzt an einem Schreibtisch mit vielen Steuerunterlagen und hält den Kopf in der Hand.

Deutschland verlangt eine der höchsten Steuer- und Abgabenquoten in Europa, vor allem von der Mittelschicht. Diese Belastung schlägt direkt auf Ihre Motivation durch.

Überstunden oder Mehrarbeit lohnen sich oft kaum noch, weil ein großer Teil vom zusätzlichen Verdienst direkt wieder verschwindet.

Die hohe Steuerlast wirkt sich auf Ihre Arbeitsbereitschaft und die deutsche Wirtschaft aus. Wir schauen uns an, wie sich diese Belastung zusammensetzt und warum manche Gruppen besonders darunter leiden.

Außerdem geht’s um die Reformvorschläge, die im Raum stehen.

Wie hoch ist die Steuer- und Abgabenlast für deutsche Arbeitnehmer?

Ein gestresster deutscher Büroangestellter sitzt an einem Schreibtisch mit vielen Papieren und einem Taschenrechner und wirkt besorgt.

Fast die Hälfte vom Bruttoeinkommen zahlen deutsche Arbeitnehmer an den Staat. Singles ohne Kinder trifft es mit 48 Prozent am härtesten.

Steuerzahlergedenktag: Symbol für die Steuerbelastung

Der Steuerzahlergedenktag steht symbolisch für den Tag, bis zu dem Sie ausschließlich für Steuern und Abgaben arbeiten. 2024 fiel dieser Tag auf den 12. Juli.

Bis dahin wanderte Ihr ganzes Einkommen an den Staat. Erst nach diesem Datum arbeiten Sie für Ihr eigenes Nettoeinkommen.

Der Bund der Steuerzahler berechnet diesen Tag jedes Jahr neu. Die Zahl macht ziemlich deutlich, wie viel vom Bruttoeinkommen tatsächlich an Steuern und Sozialabgaben verloren geht.

Dabei zählt alles:

  • Lohnsteuer
  • Solidaritätszuschlag
  • Sozialversicherungsbeiträge
  • Indirekte Steuern wie die Mehrwertsteuer

Abgabenquote und Steuerbelastung im internationalen Vergleich

Deutschland liegt weltweit mit einer der höchsten Abgabenquoten weit vorn. OECD-Daten zeigen, wie stark der Familienstand die Belastung beeinflusst.

Singles ohne Kinder zahlen am meisten:

  • 47,9 Prozent des Bruttogehalts gehen an den Staat
  • Damit landet Deutschland auf Platz 2 unter den OECD-Ländern
  • Nur Belgien verlangt noch mehr

Familien mit Kindern kommen etwas günstiger weg:

  • Verheiratete mit zwei Kindern: etwa 35 Prozent
  • Alleinerziehende: rund 40 Prozent

Gering- und Durchschnittsverdiener tragen eine besonders hohe Last. Und trotzdem? Die Lebensqualität bleibt im europäischen Vergleich eher mittelprächtig.

Unterschied zwischen Steuern und Sozialabgaben

Ihre Steuer- und Abgabenlast besteht aus zwei großen Teilen. Beide haben unterschiedliche Zwecke und Regeln.

Steuern landen im allgemeinen Staatshaushalt:

  • Lohnsteuer (progressiv gestaffelt)
  • Solidaritätszuschlag
  • Kirchensteuer (wenn Sie Mitglied sind)

Sozialabgaben finanzieren das Sozialversicherungssystem:

  • Krankenversicherung: 14,6 Prozent
  • Rentenversicherung: 18,6 Prozent
  • Arbeitslosenversicherung: 2,6 Prozent
  • Pflegeversicherung: 3,05 Prozent

Sie und Ihr Arbeitgeber teilen sich diese Beiträge. Jeder zahlt die Hälfte.

Bei der Krankenversicherung kommt noch im Schnitt ein Zusatzbeitrag von 1,7 Prozent dazu, den Sie allein übernehmen.

2021 zahlten rund 22 Millionen Erwachsene gar keine Lohn- oder Einkommensteuer. Das zeigt: Die Steuerbelastung hängt ziemlich stark vom eigenen Einkommen und Familienstand ab.

Wie setzt sich die Belastung zusammen?

Ein gestresster deutscher Arbeitnehmer sitzt an einem Schreibtisch mit Steuerunterlagen und Taschenrechner, umgeben von Bürobedarf und einer Uhr im Hintergrund.

Die hohe Steuerlast in Deutschland entsteht durch mehrere Faktoren. Einkommensteuer belastet vor allem Gutverdiener progressiv.

Sozialversicherungsbeiträge treffen alle Arbeitnehmer gleichmäßig. Und die Mehrwertsteuer verteuert jeden Einkauf.

Bei Gehaltserhöhungen greifen Grenzsteuersätze, die bis zu 42 Prozent erreichen.

Lohn- und Einkommensteuer: Wer zahlt wie viel?

Die Einkommensteuer steigt progressiv an und trifft höhere Einkommen besonders stark. Über 20 Millionen Menschen in Deutschland zahlen keine Einkommensteuer, weil ihr Einkommen zu niedrig bleibt.

Das oberste Prozent der Steuerzahler trägt einen riesigen Anteil der Gesamtlast. Schon 2,3 Prozent der Bevölkerung – etwa 1,6 Millionen Menschen – zahlen fast 25 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens.

Steuerfrei bleiben:

  • Rentner (über 7 Millionen)
  • Studenten und Auszubildende
  • Geringfügig Beschäftigte
  • Arbeitslose

Wenn Sie mehr als 15.000 Euro Einkommensteuer im Jahr zahlen, gehören Sie zu den oberen 6,4 Prozent. Diese Gruppe trägt 41,5 Prozent des Gesamtaufkommens.

Das entspricht einem zu versteuernden Einkommen von mindestens 80.000 Euro für Alleinstehende.

Sozialversicherungsbeiträge und ihre Auswirkungen

Sozialversicherungsbeiträge treffen alle Arbeitnehmer gleichmäßig und machen einen erheblichen Teil der Abgabenlast aus. Anders als die progressive Einkommensteuer wirken sie proportional zum Bruttolohn.

Die Beitragssätze 2025 liegen bei:

  • Rentenversicherung: 18,6% (je zur Hälfte Arbeitnehmer und Arbeitgeber)
  • Krankenversicherung: durchschnittlich 15,8%
  • Arbeitslosenversicherung: 2,6%
  • Pflegeversicherung: 3,4%

Ab einem bestimmten Einkommen zahlen Sie keine weiteren Sozialabgaben. 2025 liegt diese Grenze bei 90.600 Euro jährlich für die Renten- und Arbeitslosenversicherung.

Das belastet Durchschnittsverdiener besonders, während Spitzenverdiener relativ entlastet werden.

Mehrwertsteuer und indirekte Abgaben

Die Mehrwertsteuer schlägt auf fast jeden Einkauf mit 19 Prozent (ermäßigt 7 Prozent) drauf. Sie macht etwa ein Drittel der staatlichen Steuereinnahmen aus.

Indirekte Abgaben verstecken sich überall:

  • Energiesteuer auf Benzin und Heizöl
  • Tabaksteuer und Alkoholsteuer
  • Stromsteuer
  • Kfz-Steuer

Diese Abgaben wirken regressiv – sie belasten niedrige Einkommen prozentual mehr als hohe. Wer gut verdient, spürt die Mehrwertsteuer kaum.

Bei kleinen Einkommen macht sie aber einen viel größeren Anteil aus.

Versteckte Belastung: Viele dieser Steuern und Abgaben stecken schon im Produktpreis und fallen Verbrauchern gar nicht direkt auf.

Grenzabgaben auf Gehaltserhöhungen

Sobald Sie mehr verdienen, schlägt die Grenzbelastung besonders zu. Jeder zusätzliche Euro wird deutlich stärker besteuert als das bisherige Einkommen.

Grenzbelastung setzt sich zusammen aus:

  • Grenzsteuersatz der Einkommensteuer (14-42%)
  • Solidaritätszuschlag (5,5% auf die Einkommensteuer)
  • Sozialversicherungsbeiträge (etwa 20%)

In der Spitze bleibt von 100 Euro Gehaltserhöhung nur etwa 52 Euro netto übrig.

Kalte Progression verschärft das Ganze noch. Ohne Anpassungen rutschen Sie bei Lohnerhöhungen automatisch in höhere Steuersätze – selbst wenn die Erhöhung gerade mal die Inflation ausgleicht.

Wer ist besonders betroffen und warum lohnt sich Mehrarbeit kaum?

Die Mittelschicht in Deutschland trägt die höchste Steuerlast in Europa. Auch Geringverdiener geraten durch das komplexe System aus Steuern und Sozialabgaben ins Hintertreffen.

Vor allem an den Grenzbereichen lohnt sich Mehrarbeit kaum, weil zusätzliche Arbeit oft kaum mehr Nettoeinkommen bringt.

Belastung der Mittelschicht und Geringverdiener

Als Mittelschichtssteuerzahler zahlen Sie eine der höchsten Steuerlasten Europas. Die Mischung aus Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Sozialabgaben sorgt dafür, dass vom Bruttolohn oft weniger als die Hälfte übrig bleibt.

Besonders hart trifft es Menschen mit einem Einkommen zwischen 45.000 und 65.000 Euro. In diesem Bereich steigt die Belastung überproportional an.

Geringverdiener stehen vor einem anderen Problem. Wer Bürgergeld oder andere Sozialleistungen bekommt, verliert mit jedem Euro Mehrverdienst oft einen Teil der Unterstützung.

Mehr Arbeit bedeutet dann nicht unbedingt mehr Geld im Portemonnaie.

Spitzensteuersatz und Beitragsbemessungsgrenzen

Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift schon ab einem zu versteuernden Einkommen von etwa 62.810 Euro. Gutverdienende Facharbeiter oder Angestellte zahlen also schon den höchsten Steuersatz.

Obendrauf kommen die Sozialabgaben:

  • Arbeitslosenversicherung: 2,6 Prozent
  • Pflegeversicherung: 3,05 bis 4,0 Prozent
  • Rentenversicherung: 18,6 Prozent
  • Krankenversicherung: durchschnittlich 14,6 Prozent

Diese Abgaben gelten bis zu bestimmten Beitragsbemessungsgrenzen. Dadurch entsteht eine seltsame Situation: Gutverdiener zahlen prozentual weniger Sozialabgaben als die Mittelschicht.

Anreize und Folgen für Arbeitnehmer

Studien sagen: 77 Prozent der Beschäftigten würden mehr arbeiten, wenn sich das finanziell lohnen würde.

Das Problem steckt tatsächlich im System. Erhöhen Sie Ihre Arbeitszeit, greifen oft direkt hohe Steuersätze auf die zusätzlichen Einnahmen.

72 Prozent der Befragten geben an, dass niedrigere Steuern und Sozialabgaben für sie die wichtigste Voraussetzung für Mehrarbeit wären.

Man sieht also: Die Leute hätten schon Lust auf mehr Arbeit, aber echte Anreize fehlen einfach.

Die Folgen sind ziemlich deutlich. Deutschland verschenkt Arbeitskraft, weil sich Leistung nicht wirklich lohnt.

Besonders schwierig sind die „Übergangsbereiche“. Hier führen schon kleine Gehaltserhöhungen zu unverhältnismäßig hohen Abgaben.

Folgen der hohen Steuerlast und Reformansätze

Die hohe Steuer- und Abgabenlast in Deutschland sorgt für handfeste wirtschaftliche Probleme.

Das Wachstum bleibt auf der Strecke. Parteien diskutieren verschiedene Lösungen, doch die komplizierte Aufteilung zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen macht Reformen schwer.

Direkte Auswirkungen auf Arbeit und Wirtschaft

Die Steuerlast macht Mehrarbeit ziemlich unattraktiv.

Wenn Sie Überstunden machen, bleibt oft nur wenig vom zusätzlichen Bruttogehalt übrig.

Gerade die Mittelschicht spürt das besonders.

Unternehmen kämpfen mit:

  • 30 Prozent Körperschaftsteuer auf Gewinne
  • Schwierigkeiten, Personal zu finden
  • Weniger internationale Investitionen

Deutsche Firmen zahlen eine der höchsten Unternehmenssteuern weltweit. Das schwächt Deutschlands Position im internationalen Wettbewerb.

Investoren suchen sich oft lieber andere Länder für neue Projekte.

Die Wirtschaft stagniert. Das Bruttoinlandsprodukt bleibt 2025 etwa auf dem Stand von 2019.

Andere Industrieländer sind in dieser Zeit deutlich gewachsen.

Diskussion um Entlastung und neue Steuerpolitik

Die Parteien schlagen unterschiedliche Steuerreformen vor.

Union (CDU/CSU) und FDP setzen auf:

  • Senkung der Einkommensteuer
  • 5 Prozentpunkte weniger Körperschaftsteuer
  • Abschaffung des Solidaritätszuschlags
  • Reduzierte Mehrwertsteuer für Restaurants (von 19 auf 7 Prozent)

SPD und Grüne wollen:

  • Entlastung für niedrige Einkommen
  • Höhere Steuern für Spitzenverdiener
  • Investitionsprämien statt allgemeiner Steuersenkung für Unternehmen
  • Vermögen- und Erbschaftsteuer

Hier prallen politische Grundsatzfragen aufeinander.

Sollen niedrigere Steuern mehr Freiraum schaffen, oder soll der Staat gezielt fördern und umverteilen? Wer weiß, was am Ende wirklich besser funktioniert?

Rolle von Bund, Ländern und Sozialversicherungen

Das deutsche System ist ziemlich komplex. Dadurch wird es echt schwer, etwas Grundlegendes zu verändern.

Der Bund bekommt nur 39 Prozent aller Steuereinnahmen. Den Rest teilen sich Länder und Gemeinden.

Wichtige Verteilungsregeln:

  • Der Bundesrat muss jeder Steueränderung zustimmen.
  • Länder kümmern sich um Schulen, Universitäten und die Polizei.
  • Sozialversicherungen laufen als eigene Systeme.

Die Sozialversicherung läuft anders als normale Steuern ab. Sie zieht man direkt vom Bruttolohn ab.

Auch Unternehmen zahlen ihren Anteil dazu.

Der demografische Wandel macht alles noch komplizierter. Schon jetzt fließt mehr als ein Viertel des Bundeshaushalts in die Rentenkasse.

Diese Ausgaben hat der Gesetzgeber festgelegt. Das schränkt den politischen Spielraum ziemlich stark ein.

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Jonas Gasser
Jonas Gasser

Jonas arbeitet seit mehreren Jahren in der IT und spezialisiert sich auf Softwareentwicklung und Automatisierung.